Bund der Steuerzahler Hessen analysiert Finanzsituation der Städte und Gemeinden / Nur sechs Kommunen konnten ausgeglichenen Haushalt vorlegen / Ronshausen und Wildeck können Haushaltsdefizit nicht ausgleichen / Cornberg und Kirchheim auch 2025 ohne Haushalt / Philippsthal und Ludwigsau überschritten Grundsteuer-Empfehlungen des Landes besonders deutlich / Grundsteuer C und Verpackungssteuer nur vereinzelt Thema
Nach den Ergebnissen der Kommunalfinanzanalyse des Bundes der Steuerzahler (BdSt) Hessen im Landkreis Hersfeld-Rotenburg bleibt die Lage bei den kommunalen Finanzen schwierig. So konnten nur sechs der 20 Kreiskommunen einen ausgeglichenen Haushaltsplan für 2025 vorlegen – genauso wie im Vorjahr. Und auch in diesem Jahr können mit Ronshausen und Wildeck zwei Gemeinden das geplante Defizit im Jahresabschluss nicht durch eine Entnahme aus den Rücklagen ausgleichen. Cornberg und Kirchheim verzichten 2025 erneut ganz auf die Verabschiedung eines Haushaltes. „Die Kommunen stehen finanziell mit dem Rücken zur Wand. Immer neue Aufgaben und steigende Kosten fressen die gestiegenen Steuereinnahmen mehr als auf. Das Land Hessen ist gefordert, die finanzielle Ausstattung der Kommunen endlich zu verbessern. Sonst drohen weitere massive Mehrbelastungen der Bürgerinnen und Bürger durch Steuern und Gebühren sowie Kürzungen bei wichtigen Investitionen oder eine deutlich höhere Verschuldung der Kommunen“, so Jochen Kilp, Vorstand beim hessischen Steuerzahlerbund. Aber auch die Kommunen seien gefordert, ihren Beitrag zur Haushaltskonsolidierung zu leisten. Dazu müssten sie Prioritäten setzen sowie ihre freiwilligen Standards und Leistungen hinterfragen. Nicht jede Kommune müsse alle Leistungen und Aufgaben selbst und allein erfüllen. Durch Interkommunale Zusammenarbeit ließen sich Synergien erzeugen, Aufgaben besser und wirtschaftlicher erledigen.
Die finanzielle Schieflage schlägt sich immer mehr in steigenden Belastungen für die Bürgerinnen und Bürger nieder. Im Zuge der Grundsteuerreform mussten alle Kommunen zum 1.1.2025 neue Hebesätze beschließen, dazu hatte das Land Hessen für jede Stadt oder Gemeinde einen aufkommensneutralen Hebesatz berechnet und veröffentlicht. Mit diesem Hebesatz sollten die Kommunen genauso viel Grundsteuer einnehmen wie 2024, also vor der Reform.
„Wovor wir immer gewarnt haben, ist mancherorts nun bittere Realität: Zum größten Teil wurden die Hebesätze nicht aufkommensneutral umgestellt, sondern überproportional angehoben, um die Einnahmeseite zu verbessern. 19 von 20 Kreiskommunen haben einen Hebesatz beschlossen, der mindestens fünf Prozentpunkte über dem vom Land berechneten aufkommensneutralen Wert liegt, nur Niederaula ist der vom Land empfohlenen Höhe gefolgt. 13 Kommunen haben sogar 100 Punkte oder mehr auf die Empfehlung draufgeschlagen”, erklärt Kilp. Am deutlichsten haben Philippsthal (+186 Prozentpunkte) und Ludwigsau (+145) den aufkommensneutralen Orientierungswert überschritten.
Bei der Grundsteuer B liegen nach der Reform Rotenburg (475 Prozent), Wildeck (425) und Bad Hersfeld (410) an der Spitze im Landkreis Hersfeld-Rotenburg. Die Grundsteuer B wird auf bebaute und bebaubare Grundstücke erhoben. Da sie über die Nebenkosten auch auf die Mieterinnen und Mieter umgelegt werden kann, trifft sie alle Bürgerinnen und Bürger. Die geringsten Hebesätze haben Hohenroda (250) und Neuenstein (275) beschlossen. Mit einem Hebesatz-Schnitt von 348 Prozent liegt der Landkreis Hersfeld-Rotenburg 104 Punkte über der durchschnittlichen aufkommensneutralen Empfehlung des Landes für den Kreis (244), aber immer noch deutlich unter dem Durchschnitt aller hessischen Städte und Gemeinden (499 Prozent).
Neben der reinen Höhe des Hebesatzes hat der BdSt auch die Grundsteuer-Belastung pro Kopf erhoben. Dabei ergeben sich im Landkreis Hersfeld-Rotenburg ebenfalls Unterschiede. So müssen die Bürgerinnen und Bürger in Breitenbach und Hohenroda mit jeweils rund 146 Euro pro Kopf im Schnitt am wenigsten tragen. Die höchste Pro-Kopf-Belastung ergibt sich in Rotenburg (rund 258 Euro) und Friedewald (etwa 249 Euro). Über den gesamten Landkreis gesehen, liegt die durchschnittliche Belastung bei knapp 200 Euro.
Auch die Hebesätze der Grundsteuer A mussten die Kommunen zum 1.1.2025 neu festlegen. Diese Steuer wird auf land- und forstwirtschaftliche Flächen erhoben. Hier ruft Ronshausen mit 600 Prozent den höchsten Hebesatz auf, während Hauneck mit 245 Prozent die Forst- und Landwirte am geringsten belastet.
Im Zuge der Grundsteuerreform ist es den Kommunen in Hessen nun erlaubt, eine zusätzliche Grundsteuer C zu erheben. Diese belegt baureife Grundstücke, die noch nicht bebaut wurden, mit einem erhöhten Hebesatz (bis zum fünffachen des jeweiligen Hebesatzes der Grundsteuer B). Damit möchten die politisch Verantwortlichen bewirken, dass baureife Grundstücke verstärkt bebaut werden und nicht brach liegen oder damit spekuliert wird. Der BdSt Hessen sieht die Grundsteuer C kritisch, schließlich ist mit einem erheblichen Verwaltungsaufwand und zahlreichen Klagen zu rechnen. Demgegenüber dürften die Erträge aus der neuen Steuer gering sein und auch die erwünschte Lenkungswirkung dürfte mit der Grundsteuer C nicht erzielt werden. Nach Angaben der Kommunen ist die Einführung der neuen Grundsteuer C jedoch aktuell nirgendwo im Landkreis geplant.
Bei der Gewerbesteuer, die zum Jahreswechsel nicht reformiert wurde, haben sechs Kreiskommunen ihre Hebesätze gegenüber 2024 angehoben. Die kräftigste Steigerung gab es in Ronshausen um 130 Punkte. Mit nun 500 Prozent liegt die Gemeinde nun auch an der Spitze im Landkreis. Die niedrigste Belastung müssen die Gewerbetreibenden in Bebra tragen (360). Im Durchschnitt liegen die Kreiskommunen jetzt bei 405 Prozent (+11) und damit über dem hessischen Durchschnitt von 400 Prozent.
Die Hessische Gemeindeordnung (HGO) sieht vor, dass die Städte und Gemeinden ihre Haushaltspläne im jeweiligen Vorjahr verabschieden und der Aufsichtsbehörde bis zum 30.11. zur Genehmigung vorlegen sollen. Wie die BdSt-Kommunalfinanzanalyse zeigt, konnte diese Frist für den Haushalt 2025 nur eine Kommune aus dem Landkreis Hersfeld-Rotenburg einhalten: Philippsthal hat am 7.10.2024 den Haushalt für 2025 beschlossen. Während Hohenroda das Zahlenwerk immerhin noch im Dezember 2024 verabschiedet hat, erledigten dies die restlichen 16 Kommunen erst im laufenden Haushaltsjahr. Dabei hat Wildeck die Frist mit der Verabschiedung am 24.7.2025 mit 259 Tagen Verzögerung am deutlichsten gerissen – Cornberg und Kirchheim verzichten auch in diesem ganz auf die Verabschiedung eines Haushalts. Im Durchschnitt haben die Kommunen des Landkreises Hersfeld-Rotenburg den Stichtag für 2025 um über 120 Tage überschritten und brauchten damit neun Tage weniger als im Vorjahr. Der hessenweite Durchschnitt lag 2024 bei 70 Tagen Überschreitung. Als Gründe für die Verzögerung führen die Kommunen vornehmlich an, dass der Finanzplanungserlass des Landes zu spät ergehe, die Finanzsituation der Kommunen immer angespannter werde, was zu längerer Beratung über schmerzhafte Einschnitte durch die Kommunalpolitik führe, und schließlich eine schwierige Personalsituation in den Kommunalverwaltungen.
Mit der Verpackungssteuer ist aktuell bundesweit in einigen Kommunen eine weitere Belastung in der Diskussion. Diese lokale Steuer soll auf Einwegverpackungen für Speisen und Getränke anfallen, die zum sofortigen Verzehr bestimmt sind. Die Befürworter versprechen sich davon, Einweg- zugunsten von Mehrweglösungen zu reduzieren. Zudem sollen die Einnahmen die Kosten für die Entsorgung des Abfalls im öffentlichen Raum tragen. Nachdem die baden-württembergische Stadt Tübingen diese Steuer 2022 eingeführt und dafür vom Bundesverfassungsgericht Anfang 2025 grünes Licht bekommen hat, denken weitere Städte über eine Einführung nach – auch in Hessen. Im Landkreis Hersfeld-Rotenburg ist die Verpackungssteuer nach Angaben der Kommunen nirgendwo in der Diskussion. Auch bei dieser zusätzlichen Steuer überwiegen für den hessischen Steuerzahlerbund die Nachteile: So steht dem zu erwartenden, überschaubaren Ertrag ein erheblicher Aufwand zur Erhebung gegenüber. Die Verpackungssteuer gehört daher zu den sogenannten Bagatellsteuern. So haben die Städte, die eine solche Steuer bisher eingeführt haben, gesonderte Stellen für die Erhebung geschaffen. Auch die vor Ort ansässigen Betriebe wären von zusätzlicher Bürokratie betroffen.
Der hessische Steuerzahlerbund setzt sich weiterhin dafür ein, Straßenbeiträge bei voller Kompensation der kommunalen Einnahmeausfälle durch das Land abzuschaffen. Erfreulicherweise hat Friedewald die Erhebung der Straßenbeiträge ausgesetzt. Damit verlangen im Landkreis Hersfeld-Rotenburg noch sieben Städte und Gemeinden einmalige Beiträge, in Wildeck werden wiederkehrende Beiträge erhoben, zwölf Kommunen verzichten auf die Erhebung.
Die detaillierten Auswertungen für den Landkreis Hersfeld-Rotenburg inklusive Tabelle, Diagramm und Übersichtskarte sowie die Positionen des BdSt Hessen zur Grundsteuer-Reform, Straßenbeiträgen und Bagatellsteuern sind im Internet unter www.steuerzahler-hessen.de zu finden.